Navid Nuur — Hocus Focus
In der Einzelausstellung „Navid Nuur – Hocus Focus“ (26.01.-26.04.20) im Marta Herford können Besucher*innen aller Altersgruppen die Welt mit anderen Augen sehen.
Die in der Lippold-Galerie gezeigten Aquarelle, Skulptu-ren, Videos, Fotografien, Textarbeiten und Installationen bringen die Betrach-tenden zum Staunen, indem sie Unsichtbares sichtbar werden lassen und ursprünglich Unbedeutendes in den Fokus rücken. Dies gelingt durch den fantasievollen Experimentiergeist und die philosophische Gewandtheit des Künstlers, die als humorvoller und zugleich nachdenklich stimmender Kom-mentar und Spiegel der Realität verstanden werden können.
„Kannst du dir vorstellen, dass ein Gebäude wie das Museum Marta Herford eigentlich nur ein Haufen Mineralien ist? Sogar du selbst bestehst eigentlich nur aus Mineralien […]. Durch Hitze können Mineralien neu angeordnet, geschmolzen und wieder miteinander verbunden werden, sodass sie eine ganz neue Dimension erlangen.“ (Navid Nuur)
Die Ausstellung im Marta Herford ist seit 2009 die erste größere Präsentation des niederländisch-iranischen Künstlers in Deutschland. Sie stellt eine besondere Auseinandersetzung mit dem Ort dar und umfasst mehrere Neuproduktionen. Dabei handelt es sich unter anderem um glasierte Keramik-objekte, die mit Materialien gefertigt wurden, die Navid Nuur (*1976) aus dem Marta mitgenommen hat: ein roter Backstein aus dem Gehry-Bau, verbrannte Äste und Blätter wie auch Kupferdrähte, die dem Türkis der Glasur eine besondere Tiefe verleihen.
Als künstlerischem „Forscher“ gelingt es ihm, Gegenstände und Materialien aus dem Alltag zu rekontextualisieren und sie in künstlerische Werke zu überführen. Seine magischen Fähigkeiten lassen Kunst entstehen, wo man sie zunächst nicht vermuten würde: in und mit den alltäglichen, unscheinbaren Dingen in der Welt. Mit seinem eigenen Badewasser verwandelt der Künstler schlichte Skizzen aus schwarzer Tinte in fantasievolle Farbwelten. Materialreste aus seinem Atelier werden durch Linsen und Türspione zu Kaleidoskopen, die einen Blick in bunte Welten gewähren.
Auch die Beschäftigung mit Sprache ist ein wichtiges Thema im Werk von Navid Nuur – nicht zuletzt aufgrund seiner eigenen Dyslexie. In der Ausstellung begegnet den Besucher*innen die spielerische Auseinandersetzung mit Worten bereits in der Marta-Lobby: Neben dem Treppenaufgang zur Lippold-Galerie ist eine Leuchtarbeit zu sehen, die ausgelöst durch einen Bewegungssensor abwech-selnd „HERE“ und „THERE“ (Hier und Dort) anzeigt. Sprache wird hierbei zu einem künstlerischen Element, um über die Verbundenheit aller Dinge nachzudenken.
Navid Nuur vertritt in seiner Kunst einen sehr ganzheitlichen Ansatz: Er betrachtet seine Werke nicht als fertige Objekte, die voneinander und ihrer Umgebung isoliert in Ausstellungsräumen präsentiert werden. Für ihn stellen sie sogenannte ‚Interimodule‘ dar, die eine neue Art des Denkens in Gang setzen. Als Komponenten einer größeren Welt sind sie miteinander verbunden und beziehen das Museum, die Menschen und die Stadt mit ein.
Auch partizipative Ansätze, die aus Betrachtenden Akteur*innen werden lassen, spielen in der Ausstellung eine große Rolle. Etwa bei einem eigentlich pechschwarzen Bild, das mit Blitz fotogra-fiert plötzlich in leuchtendem Grün erstrahlt und so durch die Fotografierenden vervollständigt wird. Dank des Projekts „Hyped by History, Hypnotized by Memory” haben die Besucher*innen sogar Gelegenheit, etwas mit nach Hause zu nehmen: Wenn sie ein 5-Cent-Stück in die Münzpresse werfen und die Kurbel betätigen, wird ihre Münze mit dem Fingerabdruck des Künstlers versehen.
Die Ausstellung im Marta veranlasst nicht nur zur bloßen Interaktion mit der ausgestellten Kunst, sondern möchte auch dazu inspirieren, selbst kreativ zu werden. Eigens dafür wurde die Lippold-Galerie mit Regalen ausgestattet, auf denen die Werke von Besucher*innen und Workshop-Teilnehmer*innen ausgestellt werden. Auch die begleitende Publikation „TA-DA! – Künstler*in werden im Nullkommanichts“ animiert dazu, sich auf die experimentellen Prozesses des Künstlers einzulassen und bietet fantasievolle Anregungen für künstlerische Projekte, die alle Sinne anspre-chen.
Realisiert wird die Ausstellung „Navid Nuur – Hocus Focus“ mit der freundlichen Unterstützung von Mondriaan Fonds.