Die Welt verliert Trinkwasser
Gletscherrückgang in den Alpen – erstmals flächendeckend dokumentiert
Ein Forschungsteam der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) untersuchte die Flächen- und Höhenänderungen aller Gletscher der europäischen Alpen über einen Zeitraum von 14 Jahren. Dazu verglichen sie dreidimensionale Geländemodelle der deutschen Radarsatellitenmission TanDEM-X und der deutsch-amerikanischen Shuttle-Radar Topography Mission (SRTM) aus der Zeit zwischen 2000 und 2014. Die Höhenmodelle kombinierte das Team mit optischen Aufnahmen der Landsat-Satelliten der NASA. Das Ergebnis: Ungefähr 17 Prozent des gesamten Eisvolumens der Alpen gingen seit der Jahrtausendwende verloren. Die Erkenntnisse veröffentlichte das Team kürzlich in der Fachzeitschrift Nature Communications.
Ein Verlust an Eisvolumen von 17 Prozent entspricht mehr als 22 Kubikkilometern. Das ist größer als das Siebenfache des Wasservolumens des Starnberger Sees. Außer den höchsten Erhebungen der Zentralalpen erreicht die Eisschmelze bereits auch höher gelegene Gletscherregionen und die Tendenz setzt sich fort.
Die Welt verliert Trinkwasser
Die stärksten Verluste traten in den Gebirgsmassiven der Schweizer Alpen auf. Allein die großen Talgletscher der Berner Alpen verloren im Zeitraum von 2000 bis 2014 etwa 4,8 Gigatonnen Eismasse. Die Eisdicke ging im Durchschnitt um 0,72 Meter pro Jahr zurück. Das entspricht einem Volumen von knapp fünf Kubikkilometern. Lokal waren die Schmelzraten in den unteren Gletscherbereichen sogar um ein Vielfaches höher. Ein Beispiel stellte der größte Gletscher der Alpen auf, der Große Aletsch-Gletscher: Dort schrumpfte die Gletscheroberfläche nahe der Gletscherfront durch Abschmelzen jährlich um bis zu fünf Meter und mehr.
Zu diesen Ergebnissen kam das Team des FAU-Instituts für Geographie durch die Kombination der Daten aus den drei Erdbeobachtungsmissionen TanDEM-X, SRTM und Landsat. Entscheidender Vorteil des Verfahrens war, dass annähernd gleichzeitige Flächen- und Höhenmessungen verglichen werden konnten. Ähnliche Studien aus anderen Gebirgsregionen der Erde gehen in der Regel von einer konstanten vergletscherten Fläche während eines Beobachtungszeitraums aus. Besonders in hochdynamischen Gletscherregionen wie den europäischen Alpen kann dies zu einer deutlichen Unterschätzung der tatsächlichen Massenbilanz führen.