GEGEN STEREOTYPE

Syrien, die Flüchtlinge und wir. Darüber klärte die Autorin Kristin Helberg im Pöppelmannhaus auf.

Von MICHAEL GIRKE

Das mit Russland und Iran verbündete Assad-System werde den Sieg im syrischen Bürgerkrieg davon tragen. Eine Einschätzung der Buchautorin, Zeitungskorrespondentin und Nahost-Reisenden Kristin Helberg. Getroffen im Herforder Pöppelmannhaus, im Rahmen der dort derzeit gezeigten Fotografieausstellung über den nahen Osten. Für Syrerinnen und Syrer bedeute dies, so Hellberg weiter, dass sie auch weiterhin keine Bürger*innen mit entsprechenden Rechten, sondern lediglich Untertanen eines totalitären Regimes seien.

Freilich werde dieser Bürgerkrieg nicht von innersyrischen Interessen bestimmt, Präsident Assad sei inzwischen ein willfähriger Satellit Russlands und Irans, seiner Hauptverbünden. Eigentlicher Konfliktsieger: Der Iran, dem Assad massiven Einfluss in der Region grantiere. Ob sie sich denn ein stärkeres westliches Engagement gewünscht hätte, wurde Helberg gefragt.

Die Antwort war, angesichts der Desaster im Irak und in Lybien, ein eindeutiges Nein. Einzig sinnvolle Intervention laut Helberg: Ein UN-Blauhelmeinsatz, welcher allein der Zivilbevölkerung – etwa aktuell in Idlib – zugute kommen solle.
Zwar war die Veranstaltung im Pöppelmannhaus aufgrund der Corona-Krise nur spärlich besucht, doch vollbrachte Kristin Helberg es mit ihren in langen Korrespondentinnenjahren gewachsenen Einsichten immer wieder, das Publkum zu fesseln. Zumal, als es um das Verhältnis zwischen asylsuchenden Menschen aus Syrien und Deutschen ging.

Folge aus dem Umstand, dass viele Syrer*innen gut ausgebildet und in ihrem Heimatland hochangesehen, hier aber in die Rolle von Bittstellern gerdrängt seien, nicht, dass sowohl unser staatlicher als auch individueller Umgang mit ihnen angemessener, würdevoller ausfallen müsse? Und: Wie diesen Menschen aus so ganz anderen Kulturen vermitteln, dass Frauen auf westlichen Film- und Werbebildern häufig als Objekte von Männerphantasien inszeniert werden, in der Wirklichkeit aber natürlich gleichberechtigte Individuen sind?
Um diese und etliche weitere dringliche Fragen kreisten die Texte und Ausführungen der Kristin Helberg. Die auch mit Kritik an der deutschen Einwanderungspolitik nicht sparte. Jahrzehnte der Erfahrungen mit Flucht und Imigration gebe es, so die Autorin, dennoch verweigere die Politik eine wirklich konsequente Gestaltung legaler Einwanderung. Und so gebe es eben bis auf den heutigen Tag beschämenderweise sehr viel mehr illegale, und das heißt oftmals: inhumane, menschenunwürdige Einwanderungswege als legale. Ein notwendiges Vademecum gegen Stereotype und gegen Indifferenz – das war diese Veranstaltung im Pöppelmannhaus.

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