Der Flachglastechnologe: Vielseitig und unbekannt

Firma Glas Vogelsang aus Löhne erlebt Fachkräftemangel hautnah

Qualifizierte Fachkräfte zu finden wird in vielen Berufen und Branchen immer mehr zur Herausforderung. Menschen zu finden, die sich zur Fachkraft qualifizieren lassen möchten, ist oft auch nicht einfach. Die Firma Glas Vogelsang aus Löhne berichtet von ihren Schwierigkeiten, Jugendliche für eine Ausbildung zum Flachglastechnologen zu finden.

111 abgeschlossene Ausbildungsverträge zum Flachglastechnologen im Jahr 2018 – bundesweit. Das belegt die Statistik des Bundesinstituts für Berufsbildung (BiBB). „Das spricht schon für sich“, findet Magdalena Pfeifer, Mitarbeiterin im Arbeitgeber-Service der Agentur für Arbeit Herford. Mit ihrem Sitz in Bad Oeynhausen betreut sie auch die Firma Glas Vogelsang in Löhne. Sie erlebt gemeinsam mit dem Arbeitgeber, wie schwer es ist, Jugendliche für diesen unbekannten und seltenen Beruf zu begeistern.

„Wir konnten in den letzten Jahren leider keinen Auszubildenden für den Beruf finden. Dabei ist der Job vielfältig. Aber zum einen ist der Beruf zu unbekannt und deshalb bekommen wir keine Bewerbungen. Zum anderen gibt es eine deutliche Neigung zum Studium oder zur weiterführenden beruflichen Schulausbildung“, so Tanja Vogelsang. Dabei hat Viktor Abrams, der vor einigen Jahren die Ausbildung im Betrieb abgeschlossen hat und noch heute dort tätig ist, nur Positives zu berichten: „Verkleben, Schneiden oder Bohren, einfach alles, was man mit Glas so machen kann – das ist meine Aufgabe hier. Ich bin zufällig hier bei der Firma Glas Vogelsang gelandet, bereue es aber nicht, und würde jedem mit etwas handwerklichem Geschick die Ausbildung und das Unternehmen weiterempfehlen.“

Die Firma Glas Vogelsang fertigt Glasscheiben aller Art und für alle möglichen Zwecke: Für den Einbau in Möbeln, insbesondere Küchen, aber auch für Glastüren, -duschen und Spiegel. Auch Sicherheitsglas wird gefertigt. Die passende Bearbeitung der Scheiben ist Aufgabe des Flachglastechnologen.

Der Familienbetrieb in dritter Generation mit 40 Mitarbeitern schreibt jedes Jahr eine Stelle für die Ausbildung zum Flachglastechnologen aus. „Wenn sich zwei passende Bewerber oder Bewerberinnen melden würden, wäre das für uns auch kein Problem, wir nehmen auch zwei. Aber es macht wenig Sinn, zwei Stellen auszuschreiben, wenn wir seit Jahren nicht mal eine besetzen können“, berichtet Tanja Vogelsang.

Die Ausbildung geht über drei Jahre, der Berufsschulunterricht findet blockweise an einer Schule in Rheinland-Pfalz statt, eine Unterkunft wird gestellt. Der Betrieb ist engagiert, Familie Vogelsang hilft Auszubildenden mit schulischen Schwierigkeiten sogar persönlich. „Aber dann ist es auch wichtig, dass da was zurückkommt vom Auszubildenden, dass der Wille da ist. Sonst ist das sehr demotivierend“, berichtet Petra Vogelsang, Tanja Vogelsangs Schwägerin und ebenfalls im Betrieb tätig.

Petra Vogelsang ist auch die Ansprechpartnerin für den Arbeitgeber-Service, kümmert sich um Personalangelegenheiten. Die Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber-Service läuft, wie Magdalena Pfeifer weiß, sehr gut. „Das Engagement der Firma zeigt sich auch in der Zusammenarbeit mit uns. Aber das Problem besteht weiter – auch wir finden kaum Bewerber, die sich für diese Stelle interessieren, trotz allen Bemühungen. Deshalb ist es wichtig, dass wir diese Problematiken publik machen. Wir raten Unternehmen, die keine Auszubildenden finden, Einblicke in den Betriebsalltag und den Beruf zu ermöglichen. So bietet Glas Vogelsang zum Beispiel Schnuppertage an.  Man muss den eigenen Beruf bekannter machen“, rät die Arbeitsmarktexpertin. Darüber hinaus kann man Fördermöglichkeiten der Agentur für Arbeit wie zum Beispiel die Einstiegsqualifizierung und das Qualifizierungschancengesetz nutzen.

„Der Flachglastechnologe – bis letztes Jahr noch Flachglasmechaniker genannt – ist ein Ausbildungsberuf, den wir hier exemplarisch benennen, um das Thema der schwer zu besetzenden Ausbildungsstellen sichtbar zu machen“, erklärt Frauke Schwietert, Leiterin der örtlichen Arbeitsagentur. „Der Fachkräftemangel besteht oft schon heute in Berufen, die unbekannt oder selten sind. Deshalb versuchen wir durch Berufsorientierung und Beratung die Vielfalt der Berufe deutlich zu machen. Wir wollen junge – und auch ältere – Menschen damit erreichen und bei Bedarf auch mit Förderungen unterstützen. Wir können es uns mit Blick in die Zukunft nicht mehr leisten, dass Ausbildungsbetriebe ihre Stellen mangels Bewerbern nicht besetzen können“, stellt sie fest.

Die Firma Glas Vogelsang sucht auch für dieses Jahr noch einen Auszubildenden zum Flachglastechnologen (m/w/d). Interessierte können sich melden unter 05732 68620 oder info@glasvogelsang.de.

Auch für weitere Unternehmen, die ebenfalls noch nach Auszubildenden oder Mitarbeitern suchen kann der Arbeitgeber-Service Unterstützung anbieten. Die Kontaktaufnahme kann über den persönlichen Ansprechpartner im Arbeitgeber-Service erfolgen oder es kann unter der kostenlosten Hotline 0800 4 5555 20 Termin vereinbart werden.

Hintergrund:

Einstiegsqualifizierungen sind Langzeitpraktika für Jugendliche, die vergeblich nach einer Ausbildung gesucht haben. Die Teilnehmer gehen zur Berufsschule und arbeiten im Betrieb. Ziel ist die Vorbereitung auf eine Ausbildung, insbesondere die Übernahme in eine Ausbildung durch den Praktikumsbetrieb. Bei guten Leistungen ist es gegebenenfalls möglich, die anschließende Ausbildung zu verkürzen. Die Vergütung für den Jugendlichen beträgt 231 Euro monatlich und wird von der Agentur für Arbeit getragen, der Arbeitgeber erhält zusätzlich einen Zuschuss von 115 Euro zur Sozialversicherung.

Das Qualifizierungschancengesetz ist am 01. Januar 2019 in Kraft getreten und ermöglicht die Förderung der Weiterbildung von beschäftigen Arbeitnehmern. So können darüber betriebliche Einzelumschulungen von der Agentur für Arbeit gefördert werden. Der Arbeitnehmer erhält dabei weiterhin sein Helfergehalt, der Arbeitgeber bekommt einen Arbeitsentgeltzuschuss, dessen Höhe abhängig ist vom Arbeitsausfall des Arbeitnehmers sowie den betrieblichen Voraussetzungen.

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